Farbvererbung der Europäischen Standardtraber - Teil I
Hier möchten wir die Farbvererbung der Traber im Wilden Reiter näher erläutern. Zunächst erklären wir einige wichtige Begriffe zur Vererbung.
Weiter unten werden dann die einzelnen Gene und Farben erläutert, wobei die Wirkung auf die Grundfarben grafisch dargestellt wird. Zu letzt wird das Thema
"Berechnung der Fellfarbe eines Fohlens" behandelt.
Hier geht es zum Teil II: Schattierungsgenetik
Grundbegriffe und Grundlagen der Genetik
Diese Tabelle soll die verwendeten Fachbegriffe in einfachen Worten erklären. Die Begriffe werden dann in den unteren Erklärungen verwendet.
Genom: | Ist die Gesamtheit der vererbbaren Informationen, also der "Gencode". |
Gen: | In dem Gen wird die Information eines einzelnen Merkmals verschlüsselt. Dieses Merkmal ist z.B. das Windfarb-Gen (Zilver). Jedes Gen hat einen bestimmten Platz im Genom (Locus/Genort). |
Genotyp: | Beschreibt das genetische Aussehen, welches sich nicht immer optisch äußert. Das sieht man bei der Farbvererbung etwa bei Füchsen, die ein Windfarbgen "versteckt" vererben. |
Phänotyp: | Beschreibt das optische Aussehen, also in unserem Fall die Fellfarbe |
Allel: | Ist die Zustandsform eines Gens. Um die Unterschiedlichen Zustandsformen zu kennzeichnen, nutzt man meist einen Klein- oder Großbuchstaben. |
Homozygot: | Ein Gen, welches zwei gleiche Allele besitzt, ist homozygot (= reinerbig). Es kann also xx oder XX sein. |
Heterozygot: | Ein Gen, welches zwei unterschiedliche Allele besitzt, ist heterozygot (= mischerbig). Dies ist immer Xx. |
Dominant: | Wird mit einem Großbuchstaben X gekennzeichnet und bedeutet, dass es sich gegenüber dem rezessiven Gen in der Ausprägung durchsetzt. |
Rezessiv: | Wird mit einem Kleinbuchstaben x gekennzeichnet und wird in Kombination mit einem dominanten Gen in der Ausprägung gehindert. |
Dominanter Erbgang: | Es wird das Merkmal ausgebildet, sobald ein Allel dominant vorhanden ist (Xx oder XX). Betrifft die meisten Erbgänge. |
Rezessiver Erbgang: | Es wird das Merkmal nur ausgebildet, wenn beide Allele rezessiv vorhanden sind (xx). |
Intermediärer Erbgang: | Es wird bei zwei verschiedenen Allelen Xx nicht das dominantere ausgebildet, sondern eine Mischform zwischen dem dominanteren und dem rezessiveren, beispielsweise: X = rot, x = weiß → Xx = rosa. |
Melanin: | Farbpigment, welches die Färbungen hervorruft |
Eumelanin: | Schwarzes Farbpigment |
Phäomelanin: | Rotes Farbpigment |
Die Wirkung der Farbgene kann in für uns drei wichtige Gruppen eingeteilt werden:
1. Steuerung der Farbstoffproduktion
Hier wird bestimmt, wo und in welchem Maße Eumelanin (bzw. Phäomelanin) gebildet wird.
2. Albinismusspektrum: Störungen während der Melaninproduktion
Hier treten Mutationen von Prozessen während der Melaninproduktion auf, sodass Melanin nicht in ausreichendem Maße produziert werden kann wie es sollte.
3. Ausschimmelung
Hierzu zählen wir nur das Schimmel-Gen.
Das Verständnis darüber, wie die Gene klassifiziert werden können, erleichtert uns, die gesamte Farbgenetik besser zu verstehen.
Steuerung der Farbstoffproduktion: Bildung der Grundfarben
Extension (E/e)
Extension steuert, ob im Fell mehr Eumelanin (schwarz) und wenig Phäomelanin (rot) gebildet wird oder umgekehrt. Beim dominanten E wird schwarze Farbe normal gebildet und so möglich
gemacht, dass Agouti die Verbreitung der Farbe bestimmen kann. Es entstehen also je nach Beschränkung durch das Agouti-Gen entweder Braune oder Rappen. Beim rezessiven e wird keine
schwarze Farbe gebildet, sondern rote Farbe - es entsteht ein Fuchs. Dies kann sich jedoch nur zeigen, wenn das zweite Allel ebenfalls e ist, denn sonst wird es vom dominanten E unterdrückt
und es wird wieder schwarze Farbe gebildet.
Agouti (A/a)
Agouti steuert die Verbreitung des schwarzen Pigments (Eumelanin) im Fell. Dominanter ist hier das Allel, welches weniger Schwarz zulässt und somit das Schwarz auf Langhaar und Beine
beschränkt - somit entsteht ein Brauner. Das rezessive a bewirkt, dass sich die Schwarzfärbung über den ganzen Körper verteilt - es entsteht eine Rappfärbung. Diese kann
sich jedoch wieder nur zeigen, wenn das zweite Allel ebenfalls a ist, denn sonst wird vom dominanten A die Schwarzfärbung wieder beschränkt. Da Agouti nur Einfluss auf die schwarze Farbe
im Fell hat, bewirkt sie bei einem Fuchs (kein Schwarz) keine Unterschiede.
Zusammenspiel Extension und Agouti
Braun: Extension lässt Schwarzbildung zu, Agouti beschränkt dies jedoch auf Langhaar und Beine.
Rappe: Extension lässt Schwarzbildung zu. Da Agouti fehlt, wird dies nicht beschränkt.
Fuchs: Da Extension fehlt, wird statt Schwarz Rot gebildet. Agouti hat daher keine Wirkung.
EE | Ee | ee | |
---|---|---|---|
AA | ![]() Braun | ![]() Braun | ![]() Fuchs |
Aa | ![]() Braun | ![]() Braun | ![]() Fuchs |
aa | ![]() Rappe | ![]() Rappe | ![]() Fuchs |
Steuerung der Farbstoffproduktion: Aufhellungen
Dun / Falbe (D/d)
Das Falb-Gen bewirkt eine Aufhellung des Felles, wobei einige Teile die nicht-aufgehellte Fellfarbe behalten und somit folgende Wildabzeichen bilden:
- Ein klar abgezeichneter Aalstrich (engl. "Dorsal Stripe"), welcher sich von den Ohren bis zum Schweif zieht, wodurch Mähne und Schweifansatz in der Mitte nicht aufgehellt werden,
jedoch am Rand, wodurch meist eine Dreifärbung entsteht. - Eine dunkle Gesichtsmaske und dunklere Beine, da das Fell in diesen Bereichen nicht aufgehellt wird.
- Meist nur schwach ausgeprägte Zebrastreifen an den Beinen.
- Ein dunkles Schulterkreuz, bzw. einen dunklen Streifen, welcher von der Schulter nach unten geht.
- Dunkle Spitzen auf der Rückseite der Ohren in der nicht-aufgehellten Fellfarbe bzw. der des Aalstriches, die fast 1/3 oder 1/2 des Ohres einnehmen.
- Cobwebbing: eine Art Spinnennetzfärbung auf der Stirn des Pferdes in der nicht-aufgehellten Fellfarbe.
Das Dun-Gen zeigt sich, sobald es einmal dominant vorliegt. Es gibt dann keine optische Unterscheidung zwischen reinerbigen und mischerbigen Pferden.
dd | Dd | DD | |
---|---|---|---|
Fuchs | ![]() Fuchs | ![]() Fuchsfalbe | ![]() Fuchsfalbe |
Braun | ![]() Braun | ![]() Braunfalbe | ![]() Braunfalbe |
Rappe | ![]() Rappe | ![]() Mausfalbe | ![]() Mausfalbe |
Flaxen (F/f)
Das Flaxen-Gen ist im Wilden Reiter eigentlich durch ein Schattierungsgen bestimmt. Da es jedoch zu dieser Kategorie der Wirkung gehört, wird es hier auch aufgeführt.
Die Vererbung des Flaxen-Gens ist in der Realität anders als andere Gene, da es nur sichtbar wird, sobald es zweifach rezessiv vorhanden ist (ff). Im Wilden Reiter
wurde es jedoch anders herum gemacht, sodass es nur sichtbar wird, falls es zweifach dominant vorhanden ist (FF).
Flaxen bewirkt eine Aufhellung des Langhaares, jedoch nur bei Füchsen, da es auf Eumalanin unwirksam ist. Dadurch entstehen aus Füchsen Lichtfüchse. Die sehr
dunkle Variante des Lichtfuchses ist im Wilden Reiter als Schweißfuchs bekannt.
ff * | Ff | FF * | |
---|---|---|---|
Fuchs | ![]() Fuchs | ![]() Fuchs | ![]() ![]() Lichtfuchs (normal), Schweißfuchs (dunkel) |
Braun | ![]() Braun | ![]() Braun | ![]() Braun |
Rappe | ![]() Rappe | ![]() Rappe | ![]() Rappe |
* Hinweis: Die Gene sind hier auf den WR bezogen.
Störungen während der Melaninproduktion: Aufhellungen
Cream (Cr/cr bzw. C/c)
Das Cream-Gen vererbt sich intermediär. Das heißt, dass es unterschiedliche äußere Ausbildungen gibt, wenn das Gen einfach oder zweifach vorhanden ist. Mit Cream-Gen
findet eine Aufhellung von sowohl Deck- als auch Langhaar und auch der Augenfarbe statt. Pferde mit einfachem Cream-Gen haben daher oft ein heller braunes Auge und Pferde
mit zweifachem Cream-Gen immer hellblaue Augen.
Die Aufhellung der Haare ist je nach Pigment unterschiedlich stark: rote Färbung hellt stärker auf als schwarze. Dadurch sind Füchse mit einfachem Cream-Gen im Vergleich
zu Rappen mit einfachem Cream-Gen wesentlich stärker aufgehellt. Bei Braunen hellt sich daher der nicht schwarze Teil stärker auf als die schwarzen Beine und das schwarze
Langhaar. Pferde mit zweifachem Cream-Gen lassen sich normalerweise nur schwer voneinander unterscheiden, wobei auch wieder doppelt aufgehellte Füchse im Vergleich zu doppelt
aufgehellten Braunen und Rappen am hellsten werden.
cc | Cc | CC | |
---|---|---|---|
Fuchs | ![]() Fuchs | ![]() Isabell | ![]() Cremello |
Braun | ![]() Braun | ![]() Erdfarben | ![]() Perlino |
Rappe | ![]() Rappe | ![]() Erdbraun | ![]() Smoky Cream |
Silver / Windfarben (Z/z)
Das Silver-Gen vererbt sich dominant. Dabei hat es jedoch die Besonderheit, dass es sich wie Agouti nur auf Eumelanin auswirkt, nicht aber auf Phäomelanin. Dadurch bleiben Füchse
vom Silver unverändert, können es jedoch nicht-sichtbar vererben. Das Langhaar wird silbrig-weiß aufgehellt und das Deckhaar schokobraun. Bei Braunen betrifft dies nur die schwarzen
Beine, wobei beim Rappen das komplette Deckhaar betroffen ist. Silver hellt auch alle von Braunen und Rappen abgeleiteten Fellfarben auf.
Oft zeigen windfarbene Pferde eine Äpfelung im Fell, weshalb es im englischen auch "Silver Dapple" heißt.
zz | Zz | ZZ | |
---|---|---|---|
Fuchs | ![]() Fuchs | ![]() Fuchs | ![]() Fuchs |
Braun | ![]() Braun | ![]() Braunwindfarben | ![]() Braunwindfarben |
Rappe | ![]() Rappe | ![]() Rappwindfarben | ![]() Rappwindfarben |
Ausschimmelung
Grey / Schimmel (G/g)
Das Grey-Gen wird dominant vererbt. Es bewirkt ein "Ausschimmeln", also ein Weißwerden des Felles ausgehend von der ursprünglichen Fellfarbe. Verursacht wird dies (vermutlich) durch ein
gestörtes Wachstum der Pigmentzellen ("Überexpression"). Dadurch sterben die farbbildenden Zellen eher ab, wobei gleichzeitig mehr Pigmentzellen gebildet werden. Die Geschwindigkeit
und der Beginn des Ausschimmelns ist unterschiedlich schnell.
Das Schimmel-Gen wirkt sich auf alle Fellfarben gleich aus. Die Bezeichnungen Apfelschimmel, Fliegenschimmel etc. beziehen sich auf die optische Erscheinung der Pferde, nicht jedoch
auf die Grundfarbe (Fuchs, Braun, Rappe).
gg | Gg | GG | |
---|---|---|---|
Fuchs | ![]() Fuchs | ![]() Fuchsschimmel | ![]() Fuchsschimmel |
Braun | ![]() Braun | ![]() Braunschimmel | ![]() Braunschimmel |
Rappe | ![]() Rappe | ![]() Rappschimmel | ![]() Rappschimmel |
Berechnung der Fellfarbe eines Fohlens
Vor der Verpaarung: Bildung der Keimzellen
Jedes Pferd besitzt einen doppelten Satz an Chromosomen (Diploidie), also in unserem Fall immer zwei Farbgene: xx oder Xx oder XX.
Vor der Verpaarung müssen die entsprechenden Geschlechtszellen (Eizellen bzw. Spermien) gebildet werden. Dies geschieht schematisch dargestellt folgendermaßen:
Als Beispiel wurde hier ein Brauner gewählt mit den Genen EeAa.
- Zunächst liegt daher vor: EeAa als normaler Gensatz
- Dies wird einmal verdoppelt zu: EEeeAAaa
- Nun wird die Zelle geteilt, wobei die gleichen Allele zusammen bleiben (EE + ee, nicht Ee und Ee). Wie jeweils die E-Paare und die A-Paare in die zwei entstandenen
Zellen sortiert werden ist zufällig. Die zwei Möglichkeiten in diesem Fall sollen durch die gestrichelte Linie in der Mitte dargestellt werden. - Nun werden noch die verschiedenen Gene getrennt, damit vier Zellen entstehen, die jeweils den halben Gensatz der ursprünglichen Zelle enthalten.
Es gibt also vier mögliche Kombinationen (ea, EA, Ea, eA), wobei jeweils nur zwei realisiert werden (ea und EA oder Ea und eA). In der Natur entstehen bei männlichen Keimzellen
tatsächlich vier Spermien, wobei bei weiblichen Keimzellen eine große Eizelle entsteht und die drei anderen klein gebildet werden und absterben.
Nach der Verpaarung: Befruchtete Eizelle
Bei der Verpaarung trifft nun jeweils eine Eizelle auf ein Spermium, womit die befruchtete Eizelle die Addition der beiden Gensätze wäre. Aus dem Grund tragen auch die Keimzellen
den halben Gensatz, da sich bei der Verpaarung der Gensatz sonst in jeder Generation verdoppeln würde. Um alle Möglichkeiten berechnen zu können, muss man alle möglichen
Eizellen und alle möglichen Spermien jeweils miteinander kombinieren. Hier ist es einmal an einem Beispiel verdeutlicht:
EA | Ea | eA | ea | |
---|---|---|---|---|
EA | EEAA (Braun) | EEAa (Braun) | EeAA (Braun) | EeAa (Braun) |
Ea | EEAa (Braun) | EEaa (Rappe) | EeAa (Braun) | Eeaa (Rappe) |
eA | EeAA (Braun) | EeAa (Braun) | eeAA (Fuchs) | eeAa (Fuchs) |
ea | EeAa (Braun) | Eeaa (Rappe) | eeAa (Fuchs) | eeaa (Fuchs) |
- Stute: Braun mit EeAa
- Mögliche Eizellen somit: EA, Ea, eA, ea; sie bilden die erste Zeile des Diagrammes
- Hengst: Braun mit EeAa
- Mögliche Spermien somit: EA, Ea, eA, ea; sie bilden die erste Spalte des Diagrammes
In der Tabelle kann man erkennen, dass aus zwei Braunen durchaus auch Füchse und Rappen entstehen können. Da die Tabelle pro weiterem dazuberücksichtigtem Gen
sehr viel umfangreicher und somit zu kompliziert wird, aufzuschreiben, haben wir den Farbrechner entworfen, in dem man mit ein paar Klicks direkt das Ergebnis seiner möglichen Kreuzung bekommt.
Zum Farbrechner für Traber
Zum Farbrechner für alle Rassen (mit Schecken)